Finkenwerder – Glückstadt – Brunsbüttel – Cuxhaven 29.06.- 03.07.2019

Am Sonnabend den 29.06.2019 fahren wir mit Sabine und Sebastian von Berlin aus wieder nach Hamburg.

Jetzt wird es wirklich ernst mit der Abreise. Kühlschrank und Wassermacher sind repariert, die letzten Einkäufe sind gemacht und von zu Hause haben wir noch ein paar fehlende Dinge mitgebracht.

Unser Boot liegt jetzt so tief im Wasser, das der Wasserpass (der normalerweise knapp über der Wasseroberfläche liegt) gar nicht mehr zu sehen ist.

Naja, wenn die Bordfrau ordentlich einkauft und der Skipper soooo viele Ersatzteile bunkert, dann kann das nicht anders enden.

In Karolinenhof haben wir noch mit den Hütern unseres Hauses alles besprochen. Vielen Dank an alle die sich in unserer Abwesenheit um Post, Blumen, Rasenmäher und die vielen anderen Dinge kümmern werden.

Bine und Basti übernachten noch mit an Bord und am Sonntag den 30.06.2019 mit dem auslaufenden Wasser am Nachmittag laufen auch wir aus.

Von Land fotografieren und winken Bine und Basti noch eine ganze Weile, dann sind wir wirklich unterwegs zu unserer langen Reise.

Geplant ist bis nach Cuxhaven zu kommen. Wir hatten auf der Fahrt nach Hamburg durch die einlaufende Flut so viel extra Geschwindigkeit, das wir das vom auslaufenden Wasser auch erwarten. Blöderweise weht ein heftiger westlicher Wind und es baut sich eine kurze aber sehr ruppige Welle vor uns auf. Wie wir hinterher von Insidern erfahren, fährt man bei Wind gegen Strom besser nicht raus. Jetzt wissen wir es auch. Immer wenn der Bug des Schiffes in ein Wellental kracht, geht die gesamte Geschwindigkeit verloren. So ist überhaupt nicht daran zu denken es bis Cuxhaven zu schaffen.

Wir akzeptieren es letztendlich und drehen um und laufen den Hafen Glückstadt an. Da wir sehr spät dran sind, gibt es nur noch einen einzigen schwierigen Liegeplatz – schräg zwischen einem Dalben und dem Steg und von der Seite der starke Wind. Trotzdem sind wir froh fest und sicher zu liegen.

Am Abend gehen wir noch in das Restaurant Zur Alten Mühle essen. Trotz Küchenschluss ist der Koch so nett uns noch eine Kleinigkeit zu machen. Das Restaurant hat im Internet 4 Sterne, wir würden glatt 5 geben.

01.07.2019 – Jochens Geburtstag

Die Kinder hatten von Berlin aus noch Geburtstagsgeschenke mitgegeben, so das es einen richtigen Geburtstagstisch gab.

Der Kuchen wurde auch gleich zum Frühstück verkostet.

Natascha muss in die Stadt zum Augenarzt, das Auge tut schon den zweiten Tag weh. Glückstadt macht einen sehr entspannten Eindruck. Schleswig-Holstein liegt laut Glücksindex ganz vorn in Deutschland und Glückstadt ist dabei unter den 10 ersten Städten.

Christian IV., seines Zeichens König von Dänemark und Norwegen sowie Herzog von Schleswig und Holstein legte 1617 den Grundstein für die Stadt.

„Dat schall glücken und dat mutt glücken, und denn schall se ok Glückstadt heten.

Das ist wirklich eine glückliche Stadt mit freundlichen Bewohnern.

Als ich vom Arzt zurückkomme ist die Fußgängerbrücke zum Hafen schon weggezogen. Wegen des westlichen Windes hat die Flut früher eingesetzt und die Sperranlage hat nicht erst um 13Uhr geöffnet wir an der Tafel angekündigt, sondern schon um 12.30Uhr. Die Schleuse bleibt dann immer für ca. 2 Stunden auf. Da stehe ich nun auf der einen Seite – Jochen und das Boot auf der anderen Seite. So ein Ärger. Ich erkundige mich in der Gaststätte Zur alten Mühle wie lange man zu Fuß braucht um den Flussarm zu umrunden und so die kleine Brücke zu umgehen. Der Küchenchef steht auch gerade dabei und bietet mir an mich mit dem Auto zu fahren. Und so bin ich doch 5 Minuten später beim Schiff. Dankeschön für so viel Freundlichkeit in Glückstadt.

Am Nachmittag – mit dem auslaufenden Wasser – wollen wir es aber nun wirklich nach Cuxhaven schaffen. Aber Wasser, Wind und Wellen sind wieder gegen uns. Es wird eine sehr ungemütliche Fahrt – und ich mache es kurz – wir laufen den alten Hafen Brunsbüttel an. Ein winziger Hafen der bei Ebbe teilweise trocken fällt – so sagen die Karten. Die Zufahrt ist für Ortskundige sicher ok, für uns bei dem starken Wind und der Querströmung und der ungewöhnlichen Betonnung schwer zu erreichen. Die Einfahrt wird hier durch an Stäbe gebundene Besenreiser (Pricken) angezeigt. Besen nach oben offen heißt – an Backbord lassen, Besenspitze unten zusammengebunden steht für Steuerbord. Das wird schon seit Jahrhunderten so gemacht. Heute hat man bei der Einfahrt in einen Hafen an Backbord eine rote Tonne, an Steuerbord eine grüne. Die Farbe für Backbord auf dem Schiff (in Fahrtrichtung links) ist auch rot. Daher rührt wohl auch der alte Seefahrerspruch ‚ Rot an Rot hat keine Not‘ – der Seemann war dann auf dem Weg nach Hause. Beim Auslaufen ist es eben genau anders rum.

Da wir schon eine Weile bei auslaufendem Wasser unterwegs sind, wird es auch für unser Boot mit dem wenigen Tiefgang schon langsam knapp. Teilweise zeigt der Tiefenmesser noch 0,9m an. Am Ende liegen wir dank der freundlichen Hilfe von Hans doch sicher am Steg. Hans fährt uns mit seinem Auto noch in die Stadt in die Pizzeria, so dass Jochen zu seinem Geburtstag noch ein ordentliches Abendbrot bekommt.

Und der Wind pfeift die ganze Nacht über uns hinweg und auf den Wiesen neben dem Hafen stehen die Schafe und blöken – so ein Idyll.

Der nächste Tag bringt keine Wetteränderung und so hören wir auf den Rat des fast 80 jährigen Hafenmeisters Adolf und bleiben einen Tag länger in diesem freundlichen Hafen. Der Tag vergeht mit weiteren Arbeiten des Skippers an der Bordelektrik. Irgendwas geht immer nicht.

Die Bordfrau räumt noch mal alle gestauten Lebensmittel aus den Fächern aus und legt eine richtige Stauliste an, inclusive Verfallsdatum. Der Grund dafür ist einfach, am Abend vorher konnten wir uns beim besten Willen nicht erinnern wo die gesalzenen Erdnüsse hingekommen sind. So musste der Skipper ohne seine Lieblingsknabberei auskommen. Mal sehen ob wir die Stauliste auch gewissenhaft führen werden, denn sonst nützt die beste Liste nichts.

Als wir am frühen Abend beim Hafenmeister vorbeischauen um noch mal Liegegeld zu zahlen (sind hier 14Euro für unser Boot inclusive Strom und Dusche) will Adolf gerade los zum dienstäglichen Klönschnack an der Brunsbütteler Schleuse. Da der Verein auch Fahrräder kostenlos bereitstellt schließen wir uns an. Halb Brunsbüttel scheint an der Mole zu stehen, Fischbrötchen zu essen und Bier zu trinken.

Auch Hans, unseren Helfer vom Vortag, treffen wir wieder. Er hat eine Windjacke mit der Aufschrift ‚Wattikan‘ an. Das ist der Vorstand des Vereins der Freunde und Förderer der Wattolümpiade (www.wattoluempia.de) und veranstaltet alle 2 Jahre im Watt eine Benfizveranstaltung zur allgemeinen Freude und mit dem ernsten Hintergrund Spenden für viele gute Projekte zu sammeln.

Auf der Webseite des Vereins unter ‚Kontakt‘ sieht man Hans beim Entzünden der olympischen Flamme. Die nächste Wattolümpiade findet übrigens am Sa 15.08.2020 statt. Das ist bestimmt absolut sehenswert. Leider sind wir an dem Termin noch unterwegs

Das ist schon wirklich schön und beeindruckend mit wie viel Engagement und Freude so viele Brunsbütteler bei diesem Projekt mitmachen. In der Stadt entdecken wir an einer Hauswand ein Riesenplakat das mitteilt wieviel Spenden schon gesammelt wurden.

An der Brunsbütteler Schleuse, dem einen Ende des NOK (NordOstseeKanal) entdeckt Jochen ein Boot aus Schweden und eines aus Norwegen mit exakt der gleichen – weil von der Regattaleitung der ARC vorgegeben – Ausrüstung. Und wirklich stellt sich raus das Marie und Anders aus Schweden und Ingeborg und Thor aus Norwegen auch auf dem Weg nach Gran Canaria zur ARC sind. Das schwedische Boot wird sogar anschließend noch die ARC World mitmachen. Jedenfalls freuen wir uns schon die ersten Bekanntschaften gemacht zu haben.

Als wir abends in den Hafen zurückkommen ist das Wasser vollkommen weg. Von wegen der Hafen fällt ‚teilweise‘ trocken. Alle Schiffe liegen mit dem Bauch im Schlick. Anscheinend ist der Schlick so weich, das auch bei den Kielbooten der Kiel vollkommen einsinken kann. Am vorigen Tag hatte der Westwind trotz der Ebbe immer noch ein bisschen Wasser reingedrückt, so das die Boote noch geschwommen sind. So haben wir diese Nacht ohne die geringste Schaukelei verbracht, was auf einem Boot eigentlich nie vorkommt. Die Toilette, die zum Spülen das Wasser von außen ansaugt, kann man dann leider aber auch nicht benutzen, naja nichts ist vollkommen.

Mittwoch 03.07. hat der Wind etwas nachgelassen, gute Voraussetzung um auszulaufen. Hans ist unser Verabschiedungskomittee. Wir tauschen noch Geschenke aus, ein Brunsbütteler Beutel mit Sektflasche gegen einen Caroline Beutel ohne Sekt. Hans verspricht unsere Reise im Internet zu verfolgen und uns bei der Heimkehr auch zünftig zu begrüßen.

So gibt es wieder einen schweren Abschied, wird wohl nicht der letzte bleiben. Aber toll das wir diese besonderen Menschen kennengelernt haben, so haben wir es uns erhofft.

Gegen 13.40Uhr fahren wir wieder auf die Elbe raus, heute schaukelt es weniger aber so richtig gut kommen wir wieder nicht voran. Erst ca. 2 Stunden nach Hochwasser dreht dann der Strom und schiebt uns ein bisschen mit in Richtung Cuxhaven.

Cuxhaven ist ein großer Hafen ohne den Charme eines kleinen Vereins. Naja, aber wir sind unserem Ziel ein kleines Stück näher gekommen.

Abends telefonieren wir noch mit Bert Frisch von Transocean. Wir hatten ihn auf dem Losseglertreffen im Mai in Laboe kenngelernt. Er ist gerade auf den Färöer-Inseln. Trotzdem nimmt er sich die Zeit mit uns die beste weitere Route zu besprechen. Seine Empfehlung ist:

1. In jedem Hafen ab jetzt die ARC-Flagge zu hissen um andere Mitsegler zu finden.

2. Von Cuxhaven über Helgoland sofort in das britische Ramsgate zu segeln, damit wir endlich mal wirklich die langen Schläge (seglerisch für lange Etappen) schaffen.

3. Sofort einen Vertrag mit Dr. Meeno Schraders Firma ‚Wetterwelt‘ zu machen um immer mit dem besten Wetterbericht ausgestattet zu sein. Bei Meeno hatten wir auch einen 2-Tageskurs Segelwetter besucht.

Da Bert ein sehr ernstzunehmender Berater in alles Fragen des Langzeitsegelns ist, werden wir seine Vorschläge wohl umsetzen. Bloß die Törnplanung über Helgoland bleibt fraglich. Es bleibt weiter bei Westwind – und der bringt uns nicht nach Helgoland.

Aber wie sagt Bert immer so schön ‚Ein geduldiger Segler hat keinen schlechten Wind‘.

Wir spazieren noch ein bisschen in der Nähe des Hafens und entdecken eine interessante Anlage die auf dem Erklärungsschild als Semaphor bezeichnet wird. Schon interessant welche technischen Hilfsmittel in der Zeit vor dem Internet genutzt wurden.

B steht für Borkum, H für Helgoland
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