Golf von Biscaya – La Coruna 20.08. – 27.08. 2019

Nun ist der große Tag da, vor dem vor allem Natascha ein bisschen bange ist. Sooooo viel Wasser liegt vor uns.

Die Caroline läuft als erste aus, aber da der Wind wieder mal nicht zum Segeln reicht müssen wir wieder motoren. Die Cavatina gibt wie immer ein bisschen mehr Gas (ca. 7,5 Knoten, das entspricht ca. 14km/h) und fährt uns davon. Die Walter und die Caroline bleiben in Sichtweite voneinander und fahren ca. 6,5 Knoten. Das bleibt den ganzen ersten Tag so.

Wir fahren durch ein Gebiet in dem es unzählige Delphine gibt. Sie drängeln sich förmlich vor unserem Bug. Auch rings um das Schiff scheint das Wasser zu kochen – da machen die Delphine Jagd nach Fischen und umkreisen die Fischschwärme. Mit einer Leichtigkeit schwimmen sie neben dem Boot her und kreuzen vor dem Bug von einer Seite auf die andere. Auch bei den Delphinen drängeln die Großen die Kleinen ein bisschen zur Seite.

Dann wird es langsam dunkel und ein traumhafter Sternenhimmel erscheint über uns. So viele Sterne und die Milchstraße sieht man nur in Gegenden ohne viel künstliches Licht. Zum Glück ist der Mond noch schön rund und wir haben dadurch etwas Sicht. Wenn wir schräg nach hinten schauen sehen wir die Positionslichter der Walter – wir sind doch nicht alleine auf der Welt.

Jochen ist der Held der Nacht und steht fast die ganze Zeit am Steuer. Nur zwischen 23.30Uhr und 02.00Uhr löst Natascha ihn ab.

Der zweite Tag fängt an wie der erste geendet hat – ohne ausreichend Segelwind aber mit einer ordentlichen Dünung die die Caroline hin und her schaukeln läßt.

Übrigens kennt der Segler nur 3 Arten von Wind: zu wenig, zu viel und Wind aus der falschen Richtung.

Am Nachmittag des zweiten Tages frischt der Wind endlich etwas auf und wir können Segel setzen. Unser Code 0, als Passatsegel (2 Segel als Schmetterling am Bug) gesetzt, ist dafür genau richtig und wir fahren der Walter davon.

Jochen (der Mann mit dem Bart) versucht, wie zu erwarten vergeblich, sein Anglerglück. Dies soll aber in der Biscaya ohnehin selten eintreffen.

Der Wind bleibt auch noch am Abend gut aber während der Nacht nimmt er an Stärke zu. Eigentlich soll man die Segel Reffen bzw. verkleinern wenn man das erste Mal daran denkt. Jochen will mich erst nicht wecken aber der Wind nimmt schnell enorm zu. So versuchen wir gegen 3Uhr morgens bei ca. 30kn Wind das Code 0 zu bergen. Die eine Schot rutscht Jochen aus der Hand und im nu haben wir den schönsten Leinensalat. Die Backbordschot hat sich untrennbar mit der Steuerbordschot verknotet. Die freie Schot peitscht wild herum. Das Segel schlägt hin und her und mit Mühe gelingt es uns es aufzurollen. Wir setzen dann die Selbstwendefock und sind damit immer noch enorm schnell.

Gegen Mittag des 3. Tages laufen wir in La Coruna (Spanien) ein. Die Biskaya liegt hinter uns! Die erste große Herausforderung haben wir gemeistert.

Jochen (der Mann jetzt ohne Bart) macht sich daran die Schäden zu begutachten:

– Rot-grüner Leinensalat (siehe Foto), Jochen und Caro von der Walter sind eine Weile beschäftigt das auseinander zu fummeln.

– Auf dem Deck finden wir Glassplitter von der Decksbeleuchtung. Anscheinend hat die wilde Leine die Deckslampe getroffen und zerschmettert.

– Das Code 0 hat am Achterliek einige Beschädigungen und im Segel einige kleinere Cuts.

In La Coruna gibt es einen Segelmacher den wir am Freitag anrufen. Aber da ist schon ‚Holiday‘ in Spanien und wir werden auf Montag vertröstet.

Also werden wir ein paar Tage in La Coruna bleiben müssen. Immerhin haben wir jetzt das erste Mal während unserer Reise wirklich Sommer. Jochen installiert sofort die Solarpaneele auf dem Bimini (dem Sonnenverdeck). Wenn wir keinen Landstrom haben und die Maschine nicht läuft können wir uns jetzt mit Solarstrom, Strom vom Windgenerator und dem Hydrogenerator versorgen.

Vielleicht ganz interessant – manchmal steht da A Coruna und seltener La Coruna. Darauf konnten wir uns keinen Reim machen. Ein englischsprachiger Hafenmeister hat es mir dann erklärt: A Coruna ist galizisch und La Coruna spanisch (eigentlich gehört über das n in Coruna noch eine kleine Tilde, ich weiss leider nicht wie ich die mit der Tastatur hinkriege). Die Provinz Galizien versucht natürlich soweit wie möglich ihre Eigenständigkeit zu betonen.

Am Sonntag wollen wir nach Santiago de Compostela, nicht pilgern sondern einfach mit dem Zug. Es ist gar nicht so einfach früh morgens zum Bahnhof zu kommen. Die Dame in der Taxi-Zentrale spricht kein englisch und so stehen wir ein kleine Ewigkeit am leeren Taxistand. Glücklicherweise findet Natascha noch einen Busfahrer mit geringen Englischkenntnissen und dann ist der Bahnhof ganz einfach mit dem Bus zu erreichen.

Am Bahnhof werden Sicherheitskontrollen (leider) mit chinesischen Röntgengeräten durchgeführt, der Fachmann findet aber schnell gravierende Mängel bei der Organisation der Kontrollen. In Deutschland gibt es auch Überlegungen solche Kontrollen einzuführen, eine Umsetzung ist relativ kompliziert und man will keine Scheinsicherheit, wie hier praktiziert, einführen.

Auf der Strecke nach Santiago de Compostela sieht die Fachfrau gelbe Balisen mit der Aufschrift ‚Siemens‘ zwischen den Gleisen liegen. (Wikipedia „Balise“: technische Einrichtungen im Eisenbahngleis, die bahnbetriebliche Informationen speichern und sie an Schienenfahrzeuge übertragen die den Ort der Balise passieren)

Das Internet verrät, das es sich hier um eine ETCS Level 1 Strecke handelt. Am 24.7.2013 gab es hier einen schweren Unfall als ein Hochgeschwindigkeitszug mit massiv überhöhter Geschwindigkeit (aus der ETCS L1 Strecke kommend und nach ASFA (punktförmige Zugbeeinflussung) ausfahrend) in einem Gleisbogen entgleiste. 80 Menschen starben bei dem Unfall.

Wir kommen aber sehr komfortabel, schnell und preiswert von La Coruna nach Santiago de Compostela. Der Nahverkehr in Spanien scheint wirklich gut zu funktionieren.

Wir sind sehr zeitig da und setzen uns mit vielen Spaniern in ein Café um zu frühstücken.

Das ist die Kathedrale von Santiago de Compostela. Sie steht über einer Grabstätte in der die Gebeine vom Apostel Jakobus liegen sollen und ist das Ziel des Jakobsweges.

Die Pilger trifft man überall in der Stadt – mit den großen Rucksäcken an denen meist die Muschel als Zeichen des pilgerns befestigt ist. Sie treffen aus den verschiedenen Richtungen in Santiago de Compostela ein. Aus dem Norden kommt der „Camino Ingles“ aus England. Aus dem Südosten kommt der „Camino Frances“ aus Frankreich. Aus dem Westen kommt der „Camino Portugues“ aus Portugal.

Alle Jakobswege enden in Santiago de Compostela nur der „Camino Finisterre“ beginnt hier. Er führt nach Norden aus der Stadt zum Cap Finisterre. Er ist damit streng genommen kein Jakobsweg. Aber seit über 600 Jahren ist er eine beliebte Verlängerung für viele Pilger die nach dem Trubel in Santiago de Compostela noch näher zu der Insel der Seligen wollen. Man glaubte das sie im Atlantik, gleich hinter dem Horizont läge.

Den Pilgern sieht man die Strapazen ihrer Wanderung an – viele haben die Knie bandagiert. Manche Gruppe versuchen die letzten Kräfte zu mobilisieren und ziehen singend durch die Stadt. Aber letztendlich sitzen sie alleglücklich lächelnd vor der Kathedrale.

Die katholische Kirche organisiert für die Pilger der verschiedenen Länder auch eine geistliche Betreuung.

Am Montag fahren wir in die andere Marina zum Segelmacher. Und am Dienstag früh ist unser Segel wieder in Ordnung und wir können endlich Richtung Portugal ablegen. Die Cavatina ist schon ein paar Tage früher gefahren, die Walter muss noch eine Woche auf Ersatzteile für das Ruderlager warten. So trennen sich hier erst mal unsere Wege.

Dieser Beitrag wurde unter Reise veröffentlicht. Setze ein Lesezeichen auf den Permalink.