Über den Atlantik in die Karibik 21.11.-05.12.2019 Leg2

Wir haben einen super Start hingelegt und sind 1 Sekunde nach dem Startsignal über die Startlinie gefahren, in Las Palmas hatten wir etwas gebummelt… 2.100 sm (ca. 4.000 km) liegen jetz vor uns, der Wetterbericht verheisst viel Wind (17-22kn) und Wellen von 2,5m (mit einer leichten Dünung) aus Nordost (Richtung fast ideal). Etwas viel für einen entspannten Magen, Natascha und Holger kleben sicherheitshalber Scopoderm-Pflaster gegen die Seekrannkheit.

Von unseren Mitseglern haben wir dieses Foto zugesendet bekommen, da wir recht schnell waren – nur ein Foto von hinten 😉 .

Wir werden versuchen uns an die Ideallinie (hier rot) zu halten. Der Wetterbericht sagt zwar im Süden etwas besseren Wind voraus, meistens ist er aber doch recht ungenau.

Leztlich hatten die Boote die weit im Süden waren sogar schlechtere Bedingungen.

Tolle Sonnenuntergänge konnten wir fast täglich bewundern, dafür sahen wir die ganze Zeit über weder Delphine noch andere große Fische.

Morgens mussten wir immer das Deck von fliegenden Fischen säubern. Sie sehen so beeindruckend aus wenn sie über das Wasser segeln, das können sie bis zu 200m. Allerdings sind sie sich der Gefahr auf einem Boot zu landen nicht bewusst und weichen nicht aus! Jochen hatte sich nachts erschreckt als ihn ein großen Fisch an der Schulter getroffen hatte. Holger hatte Fischbesuch durch die Luke in seiner Koje.

Die Wellen und der Wind sind zu Beginn recht heftig, alle Aktivitäten an Bord fallen sehr schwer. Natascha hat immer noch mit Zahnschmerzen zu kämpfen. In Mindelo hatte sie noch mit der Zahnärztin telefoniert und die hatte geraten prohylaktisch ein Antibiotikum zu nehmen. Mit den Seekrankheitstabletten und dem Ibuprofen war das eine ganz schöne Herausforderung für den Magen.

In der Nacht vom 25.11. zum 26.11. hören wir über UKW das es auf einem Schiff einen medizinischen Notfall gibt und dringend ein Arzt gesucht wird. Wir verstehen ’suspect of heart attack‘. Das bewahrheitet sich leider. Einen Tag später bekommen wir über Satellit von der ARC eine E-Mail mit der Information über den Todesfall.

Das Handynetz funktioniert noch in ca. 20 sm, je nachdem wie hoch die Funkantenne an Land ist. Ähnliche Reichweiten haben wir mit dem UKW-Sprechfunkgerät. Die ARC schreibt aber vor das man auch mitten auf dem Atlantik Nachrichten/Mails empfangen muß. Da kommt nur ein Satellitentelefon (über USB) oder die Funk-Kurzwellengeräte (über ein Modem) in Betracht. Hier erreicht man Datenraten von 2,4 kb/s, also so wie vor 30 Jahren mit den Akustikkopplern (falls sich jemand noch daran erinnert). Die Übertragung eines Handyfotos würde Stunden dauern, würde aber nicht funktionieren da die Verbindungen regelmäßig zusammenbrechen. Die großen Boote hatten teilweise ein neues SAT-System an Bord, hier sind Datenraten drin die auch das Surfen im Internet ermöglichen.

Wir sind dank des Passatsegels (hier gerefft) sehr schnell. Wir haben Durchschnittsgeschwindigkeiten zwischen 6,5-7,5 kn, teilweise surfen wir die Wellen mit 11 kn hinab. Nach einigen Versuchen kommen Jochen und Holger auch mit den beiden Spinnakerbäumen gut klar. Die Wache in der Nacht teilen die beiden sich. Natascha darf schlafen. Am Tag ist dann aber genügend Zeit den entgangenen Schlaf nachzuholen.

Der Hydrogenerator surrte fleißig und liefert genug Strom so das wir sogar elektrisch kochen (Gasvorräte schonen) können. Der elektrische Autopilot ist fast im Dauereinsatz. Er steuert auf länger Sicht gesehen besser als der beste Steuermann, er wird überhaupt nicht müde und ist stets konzentriert. In der Backskiste an Backbord (hier befiindet sich der Motor vom Autopiloten) haben wir etwas Wasser, wo es herkommt können wir nicht lokalisieren. Also schnell einen Wassersensor installiert und neben Riggcheck gibt es jetzt auch den Backskistencheck

Leider hatte sich diese Möwe mitten im Atlantik bei uns etwas ausruhen wollen und hat sich beim Landeanflug verletzt.

Abkühlung während der Überfahrt, selbst nachts sind es fast 30°C ! Wir duschen am Heck, erst mit Salz- dann mit Süsswasser. In den Atlantik trauen wir uns nicht zu gehen. Erstens ist es hier ungefähr 4000m tief und ausserdem sind wir zu schnell um sich hinterherziehen zu lassen.

Die Wellenberge haben abgenommen und wir können kultiviert im Cockpit essen.

Zum Bergfest (wir haben die Hälfte der 2.100 Seemeilen geschafft), gibt es Nürnberger Bratwürste mit Sauerkraut und Kartoffelbrei.

Zum 1. Advent wird bei über 30°C der Dresdener Christstollen angeschnitten.

Von der Crew wurde der Fischfang (Fangen, Töten, Ausnehmen, Filettieren und Zubereitung) abgelehnt. Erst 1 Tag vor Ankunft durfte Jochen die Angel einsetzten. Nach kurzer Zeit hatten wir einen Bonito am Haken. Aber nicht lange, ein riesiger Thunfisch (1,5m?) schoss aus einer der Wellen und schnappte sich unseren Fang inkl. Köder. Nach 2 weiteren vergeblichen Versuchen konnten wir einen kleinen Gelbflossenthunfisch an Bord bringen. Natascha hat diesen zerlegt und zubereitet. Eingelegt in Zitrone, Olivenöl und Sojasoße und Fischgewürze, gebraten und im Herd noch gedünstet, waren wir uns einig (auch Holger der normalerweise keinen Fisch isst) das wir noch nie einen so leckeren Fisch gegessen haben!!! Lob an die Köchin der wir einen Boots-Gourmet-Stern verliehen haben.

Bein täglichen Rigg- und Segelcheck stellen wir fest, dass die Schooten fast durchgescheuert sind. Viel schlimmer aber ist, dass sich ein Bolzen gelöst hat und wir beinahe unser schönes Passatsegel eingebüßt hätten. Nachts fahren wir mit etwas reduzierter Segelfläche um sicher anzukommen.

Selten sehen wir andere Schiffe, meist nur durch das AIS-System oder über Radar. Dieses Frachtschiff hatte uns sogar über Funk angesprochen da es Blitzsignale (Notruf) gesehen hatte. Es waren aber nur unsere verspiegelten Fensterscheiben in denen sich die Sonne spiegelte – sehr aufmerksam! Das Radar läuft ständig mit, damit wir vor Squalls (kleine lokale Gewitter in denen sich der Wind verdoppelt und sich die Windrichtung ändert) gewarnt werden.

Nach 12 Tagen sehen wir endlich Land, Barbados liegt voraus. Nur noch einen guten Tag bis St. Vincent. Die Gastlandsflagge sowie die gelbe Einklarierungsfahne werden an der Steuerbordsaling gehisst. In St. Vincent werden wir von Marc und Cecilia mit Rumpunsch, Obstkorb und Geschenken liebevoll mitten in der Nacht nach 13,5 Tagen begrüß. Bei der Einfahrt in die Marina müssen wir uns umstellen, hier in Nordamerika ist die Botonnung umgekehrt wie im Rest der Welt, aus rot wird grün, grün wird rot…

Am nächsten Morgen haben wir wieder festen Boden unter den Füßen, wir sind das kleinste Boot in der sehr schönen Marina. Nach dem Gang zum Zoll und Immigration sind wir offiziell angekommen.

Wir haben es geschafft und können es nun karibisch entspannt angehen…

Bei der Siegerehrung für den 2. Abschnitt von Mindelo (Kapverden) nach St. Vincent (Karibik) erhalten wir die Auszeichnung für die kürzeste gesegelte Strecke (2.119 sm) und den 2. Platz über alle Teilnehmer. Auf der Plakette steht SVG – das heisst Saint Vincent and the Grenadines.

Wir hatten 4 Motorstunden bei einer Flaute ehrlich angegeben und damit eine Strafzeit kassiert. Bei nur 3 Motorstunden wären wir 1. geworden. Der 1. hatte keine Motorstunden angegeben. Caroline mit dem Blue Water Runner Segel ist eine echte Sprinterin, natürlich nur weil die Crew sie ordentlich gefordert hat. Dennoch stand die Sicherheit an erster Stelle. Segelmanöver nachts wurden weitgehend vermieden, man durfte nur mit Rettungsweste und angeleint aus dem Cockpit wenn ein zweiter anwesend war.

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